Udo Jürgens zu Gast bei Markus Lanz am 25.9.2012
Persönliche Erinnerungen an eine bewegende Fernsehsendung
Dank einer Kartenverlosung auf www.udofan.com hatte ich am 25. September 2012 Gelegenheit, der Aufzeichnung der Sendung "Markus Lanz” als Besucher im Studio beizuwohnen, in der Udo Jürgens einziger Gesprächspartner von Markus Lanz war. Die Sendung wurde am Folgeabend (auf 75 Minuten gekürzt) im ZDF ausgestrahlt. · Auf der Rückreise am 26. September 2012 habe ich Folgendes notiert:
Am 25.9.2012 ab 20 Uhr war Udo Jürgens zu Gast bei Markus Lanz in der gleichnamigen Fernsehsendung, die am Folgetag um 23:15 Uhr im ZDF ausgestrahlt wurde. Aufgezeichnet wurde im Studio der "Fernsehmacher" in Hamburg-Altona, Stahltwiete 14.
Genau Hundert Udo-Jürgens-Fans, einige in Fanclubs organisiert, viele aus Konzertbesuchen einander persönlich bekannt, waren nach Altona gereist, um Udo Jürgens wenige Tage vor seinem 78. Geburtstag als Einzelgast im Gespräch mit Markus Lanz live zu erleben.
Nach einer kurzen Einführung in die Gepflogenheiten des Fernsehens, einer knappen aber herzlichen Begrüßung des Gastgebers Markus Lanz und einer beinahe stürmischen Begrüßung mit "stehenden Ovationen" von Udo Jürgens als Gast im Studio ging dann auch die Aufzeichnung sofort los. Ohne Unterbrechung oder Pausen, 85 Minuten "am Stück". Ein gut gelaunter und vorbereiteter Markus Lanz führte das Gespräch mit einem exzellent gut gelaunten Udo Jürgens, der an diesem Abend auch noch nach dem Abschalten der Kameras bis zur Verabschiedung vor dem Studio das sprühende Leben verkörperte. In Erzähllaune, gut gelaunt, nachdenklich, altersweise und mitteilsam, immer wieder im Kontakt mit dem hinter ihm sitzenden Publikum, antwortete Udo Jürgens auf Lanz' Fragen und erzählte manche Anekdote und Geschichte, manches Erlebnis aus seinem Leben. Trotz gewisser Abschweifungen, die sich von selbst oder durch Einwürfe von Markus Lanz dabei ergaben, kam er aber immer wieder zur Ausgangsfrage zurück. Nichts blieb ohne Antwort. Und das Glas Weißwein nicht ungeleert.
Die Studiodekoration eher spärlich, zwischen den Sesseln der Gesprächspartner zwei Zeitschriftensammler mit alten Schallplatten (erkennbar "udo '80" und "Nur ein Lächeln"?), Malerstaffeln mit großformatigen Fotos aus Kindheit und früheren Jahren. Sowie ein gut gestimmter schwarzer Flügel der Firma Schimmel, der extra deswegen angeliefert worden war.
Lanz läßt Jürgens sehr oft sehr lange reden, fragt hier und da nach oder gibt eigene Stichworte zum Besten, und achtet nur in großen Bögen kaum merklich auf die Einhaltung eines offenbar geplanten Sendungsablaufs.
Jürgens wirkte ausgesprochen ausgeruht, locker, fit – bei bester Stimme und Gesundheit.
In etwa Folgendes kam zur Sprache:
Spitzname "Jürgilein" mit Bezug zur schwierigen Kindheit, der strengen aber herzlichen Mutter. Später Erinnerung an die letzten gemeinsamen Tage mit ihr kurz vor dem Tod (emotional) – Glück, bewußt Abschied nehmen zu können, wem das nicht vergönnt ist, trägt keine Schuld, sondern eine Last. Hier war einer der vielen Momente, wo man Stecknadeln hätte fallen hören können. Tränen waren nicht mehr weit.
Von Anfang an Wunsch und Ziel: Musik. Erste Erfahrungen am Klavier, "Das Land des Lächelns" im Klagenfurter Landestheater. Gegen den Willen der Eltern Musiker als Berufsziel – egal, ob auf- oder untergehen.
Die hinlänglich bekannte Geschichte der Segelohren durfte nicht fehlen, denn eine Karriere mit Segelohren war nicht vorstellbar. Frühe Auftrittserfahrungen in Etablissements (Gisela in München) und Hotelbars (Salzburg) mit ersten Lichtblicken.
Man könne im Leben nur glücklich werden, wenn man macht, was man liebt.
Rex Gildo (guter Schauspieler in schlechten Filmen) und Roy Black (hasste die Schlagermusik, mit der er Erfolg hatte, konnte aber die Musik nicht, die er liebte – Rock'n Roll).
Gespräch über Rock und Kuschelrock und über Musik, die Jürgens hört, wenn er unterwegs oder zu Hause ist. Antwort: Eigentlich keine – froh, auch einmal Ruhe zu haben. Längere Ausführungen zum Verkommen der Musik zum Hintergrundrauschen allerorten, zu aggressiv gut gelaunten Radiomoderationen mit den immer wiederkehrend selben "Hits" als Berieselung. Wenn Radiohören, dann allenfalls Klassik und Jazz, z. B. Deutschlandfunk. Hierzu großer Applaus im Publikum. (nicht ausgestrahlt)
50-Stunden-Woche für Schulkinder – zuviel, Gewerkschafter würden streiken. Man müsse die Kinder ernst nehmen, besonders in der schwierigsten Phase der Vorpubertät/Pubertät. Liebe – zu dieser Zeit das größte Gefühl und bei Verlust der größte Schmerz, der einem widerfahren kann; Ältere können sich das nicht mehr vorstellen. Im Gegensatz zu Freunden, stünden Eltern eher nicht für Krisengespräche zur Verfügung.
Welche Platte er sich zuletzt gekauft habe? Lady Gaga – aufmerksam darauf geworden durch einen Konzertbesuch von Tony Bennett in London, wo sie auch auftrat. Die Frau habe großes Talent, wisse aber auch sehr gut, mit massenwirksamer Musik und Erscheinung Geld zu verdienen, obgleich sie Besseres könne. Das könne den Charakter verbiegen und werde kritisch, wenn der Erfolg eines Tages nachlasse. Ebenso Madonna, die es schaffe, ihre Ideen und Provokationen (Religion und Erotik) mit den richtigen Leuten umzusetzen.
Showbusiness lebt halt wesentlich von der Lüge.
Die Menschen sind nicht alle gleich. Jeder hat andere Talente, die er zur Entfaltung bringen könne. Wichtiger sei aber noch, dabei "kein Arschloch" zu sein (Zitat Markus Lanz).
Hintergrund: die eigene Geschichte der ersten großen Liebe (mit 14) für die 16jährige Tochter vom Nachbarhof (kaum mehr als Händchenhalten), die ihm nach einem Jahr vom 30jährigen Weinhändler weggeschnappt wurde. Gedanken, dem Leben ein Ende zu setzen.
Später Erfolg (mit 32) so überwältigend – direkt weltweit gefragt, daß er damit nicht klar gekommen sei. Über Jahre extremer Schlafmangel (Partys bis in die Morgenstunden), hoher Alkoholkonsum (bisweilen eine Flasche Wodka am Tag "plus Nebengeräusche" wie Bier und Wein) bis zum physischen Zusammenbruch in Neapel. Bisweilen auch angesäuselt auf der Bühne, was aber bei leichten Liedern damals machbar war. Wichtig: "Habe immer meinen Job gemacht". Erlebnisse mit drogenabhängigen Musikern in den USA wirkten abschreckend, so daß außer Alkohol keine Drogen bei ihm vorkamen.
Große Herausforderung, ständig eine öffentliche Person zu sein. Diskrepanz privat / öffentlich schafft nicht jeder, siehe Beispiel Drogenkonsum und frühe Sterbefälle.
Erfahrungen aus Los Angeles 1981 mit Musik machen dort - dort gewohnt, um andere Lieder schreiben zu können als daheim – mit den damals größten Musikern der amerikanischen Szene (Harold Faltermeier, Earth Wind & Fire).
Frauen - lange besprochen. Unfähigkeit zur Treue, einmal in Holland in eine Falle getappt (Model). Man möge die damaligen Konzertumstände berücksichtigen: Besucherinnen stürmten Bühne und Garderobe.
Heute Einsamkeit nach dem Konzert bei Verlassen der Halle – Bedauern der immer strengeren Sicherheitsanforderungen mit völliger Abschirmung vom Publikum.
Freunde: ganz wichtig, ohne Freunde ist der Mensch einsam. Wirkliches Vertrauen könne man erst nach Jahren der Gemeinsamkeit empfinden.
Im Grunde wache er am liebsten alleine auf, anders jedoch in den langjährigen Ehen und Beziehungen.
Abgesehen von der wieder aufgewärmten Vaterschaftsklage der angeblich dritten nichtehelichen Tochter (tue ihm Leid; frage sich, warum sie ihn zum Vater haben wolle, obwohl sie ihn für einen Betrüger halte) wurden tagesaktuelle Themen erfreulicherweise nicht angeschnitten (z. B. Einbruch und Uhrendiebstahl).
Alter – nicht einfach. Joachim Fuchsberger: "Älter werden ist nichts für Feiglinge".
Bild der Sanduhr: Erst Sand, später Silber, dann vielleicht Gold. Und jetzt selbst? "Platin".
Abschließend geleitet Markus Lanz Udo Jürgens zum Flügel. Jürgens lädt ihn ein, gemeinsam Klavier zuspielen, was Lanz aber ablehnt, da er das nur ganz schlecht könne. Jürgens fordert ihn und alle auf, es trotzdem aus Freude zu machen – ebenso das Singen in Chören, wer Spaß am Singen habe.
"Ganz spontan" habe er sich dann ein Lied zum Abschluß überlegt, das ganz gut passe, und wozu Lanz im Zwischenspiel einige Töne in c-Moll beisteuern darf: "Bis ans Ende meiner Lieder", vollständig (solo am Klavier), praktisch fehlerfrei, absolut souverän, pianistisch und gesanglich sehr ausdrucksstark.
Ende der Aufzeichnung ...
... ein Pulk Pressefotografen stürmt das Studio, in dem dann ein paar Szenen bereitwillig nachgestellt werden.
Die Fans bekommen denselben Service von Lanz und Jürgens spendiert für ihre eigenen Erinnerungsfotos. Für den unvermeidlichen Autogrammwunsch fanden sich schnell ein paar Stifte und alle, die sich vorsorglich darauf eingerichtet hatten (Bücher, CDs, Poster, Hamburger Ansichtskarten, Kindheitserinnerungen etc.) wurden von Udo Jürgens bereitwillig versorgt. Der eine oder andere konnte Fotos mit sich und Jürgens bzw. Lanz machen lassen.
Ein Fanclub hatte besseres zu tun, als dann direkt nach Hause oder sonst wohin zu fahren, und sang vor dem Studio in den herbstlichen Nachthimmel "Schenk mir noch eine Stunde", dem sich die Gruppe rund um udofan.com gerne anschloß. Gemeinsam wartete man im Gespräch auf irgendetwas, und schließlich kam Udo Jürgens durch den Publikumseingang heraus, in der Annahme, von seinem Fahrer erwartet zu werden. Da er auf "Schenk mir noch eine Stunde" singende Fans traf, wähnte er sich zunächst in der Tür geirrt zu haben, aber so ergaben sich weitere Möglichkeiten für Fotos und Autogramme. Dann wieder zurück ins Studio, um wenige Minuten später durch dieselbe Tür wieder hinaus zu kommen, denn es war doch die richtige. Noch einmal persönliche Gespräche mit Bekannten und schließlich Verabschiedung nach einem sehr bewegenden Abend in die Nacht.
Auf Wiedersehen in Oberhausen!
Meine Fotos aus dem Studio darf ich lt. AGB des ZDF nicht veröffentlichen und nicht verkaufen.